Auslese 4/2012
Bis dass der Tod uns scheidet - Ehegattenerbrecht
Ist man im Zeitpunkt seines Ablebens in aufrechter Ehe verheiratet, steht dem überlebenden Ehegatten nach dem österreichischen Erbrecht ein Erbe zu.
Das Ehegattenerbrecht steht unabhängig davon zu, ob die Ehe im Zeitpunkt des Ablebens gut gelaufen ist, die Ehegatten in Trennung oder Scheidung gelebt haben. Solange die Ehe aufrecht bestanden hat, steht das Ehegattenerbrecht uneingeschränkt zu.
Wie hoch ist der Erbanspruch des überlebenden Ehegatten?
Die Höhe des Anteils des überlebenden Ehegatten richtet sich danach, ob der Verstorbene bereits über Nachkommen verfügt hat.
Gegenüber Kindern des Verstorbenen, auch wenn diese nicht aus der gemeinsamen Ehe stammen, erbt der überlebende Ehegatte 1/3 des Vermögens.
Ist der Ehepartner kinderlos verstorben erhöht sich der Erbanspruch des Überlebenden um ein weiteres Drittel auf 2/3. Das restliche Drittel des Vermögens fällt zurück an die Eltern des Verstorbenen.
Sollten die Eltern bereits vorverstorben sein, werden diese durch die Geschwister des Verstorbenen erbrechtlich repräsentiert und erben somit die Geschwister das restliche Drittel des Vermögens des Verstorbenen.
War der Verstorbene Einzelkind und sind seine Eltern ebenfalls bereits im Zeitpunkt seines Ablebens verstorben, wird das frei gebliebene Drittel seines Vermögens unter seinen Cousinen und Cousins aufgeteilt.
Welchen Einfluss hat ein Testament?
Mit einem Testament kann die gesetzliche Erbfolge umgangen werden.
Nachdem im österreichischen Erbrecht für bestimmte gesetzliche Erben ein Pflichtteilsanspruch verankert ist, ist es einem Ehepartner in der Regel (mögliche Enterbungsgründe ausgenommen) jedoch nicht möglich, durch ein Testament den Erbanspruch des anderen Ehegatten aufzuheben.
Wird der Ehepartner durch ein Testament erbrechtlich übergangen, erhält er aus dem Titel des Pflichtteils die Hälfte dessen, was ihm aufgrund der gesetzlichen Erbfolge zugestanden wäre, somit gegenüber Nachkommen 1/6 und gegenüber den Schwiegereltern 1/3.
Wurde der Ehepartner vom Verstorbenen in einem Testament als Alleinerbe eingesetzt, ist dieser, wie jeder andere eingesetzte Erbe verpflichtet, die Pflichtteilsansprüche anderer Erben zu befriedigen.
Entstammen aus der gemeinsamen Ehe etwa 2 Kinder haben diese gegenüber der als Alleinerbin eingesetzten Mutter einen in Geld abzugeltenden Pflichtteilsanspruch aus dem Erbe des verstorbenen Vaters im Ausmaß von einem Drittel (je 1/6) des gesamten Vermögens.
Sind die Nachkommen in Zeiten des Ablebens des Vaters noch minderjährig überwacht das Pflegschaftsgericht die ordnungsgemäße Abgeltung der Erbansprüche der Kinder.
Was passiert mit dem Ehewohnsitz …
… im Falle einer Mietwohnung?
Grundsätzlich gilt, dass durch den Tod des Mieters der Mietvertrag nicht aufgehoben wird.
Haben die Ehegatten in einer Miet-/Genossenschaftswohnung gelebt, besteht für den überlebenden Ehegatten aus den jeweiligen Mieterschutzbestimmungen das Recht, in die bestehenden Miet- und Nutzungsverhältnisse einzutreten und diese wie bisher fortzuführen.
Der überlebende Ehegatte kann jedoch binnen 14 Tagen nach dem Tod des Ehepartners dem Vermieter bekannt geben, dass er das Mietverhältnis nicht fortsetzen will.
Einzige Voraussetzung für den Eintritt in die Mietrechte ist, dass der eintrittsberechtigte, verwitwete Ehepartner ein dringendes Wohnbedürfnis hat und auch schon bisher ein gemeinsamer Haushalt mit dem verstorbenen Ehepartner bestanden hat. Befand sich somit das Ehepaar im Zeitpunkt des Ablebens in Scheidung und war der gemeinsame Haushalt, d.h. ein gemeinsames Wohnen und Wirtschaften, bereits nachweislich aufgehoben, hat der überlebende Ehepartner das Recht auf Eintritt in die Mietrechte zu den gleichen Bedingungen wie bisher, verloren.
Im Fall der Anmietung eines Ein- oder Zweifamilienhauses in dem keine gesonderten Mieterschutzbestimmungen (MRG oder WGG) gelten ist die Sache anders zu beurteilen.
In diesen Fällen erfolgt der Eintritt in die Mietrechte nicht aufgrund einer mietrechtlichen Schutzbestimmung, sondern aufgrund des Erbrechts selbst. Allerdings ist in diesem Fall der überlebende Ehepartner nicht derart umfassend geschützt, wie im Rahmen der mietrechtlichen Schutzbestimmungen. Zwar tritt der Erbe nämlich in die Erbrechte ein, ist der Vermieter in einem solchen Fall jedoch berechtigt, das Vertragsverhältnis, und zwar unabhängig einer allfällig zuvor vereinbarten Befristung, bei Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfristen (in der Regel ein Monat zum Monatsletzten) aufzulösen.
Der überlebende Ehegatte hat jedoch unter gewissen Umständen das Vorausvermächtnis (siehe hierzu unten).
… im Falle des Alleineigentums des Verstorbenen?
War der Verstorbene Allein- oder Miteigentümer der Ehewohnung bzw. des Einfamilienhauses erbt die Ehegattin im Sinne der gesetzlichen Bestimmungen entweder 1/3 oder 2/3 der Liegenschaft bzw. der Liegenschaftsanteile anteilig.
Nachdem jedoch die Tatsache, Miteigentümer einer Liegenschaft zu sein, nicht automatisch auch die alleinige Nutzungsmöglichkeit mit sich bringt, sieht die österreichische Rechtsordnung im Erbrecht eine Sonderkonstellation vor (siehe hierzu unten).
Das Ehegatten - Vorausvermächtnis
Unabhängig davon, ob der Ehegatte testamentarischer oder gesetzlicher Erbe ist, erhält er darüber hinaus das gesetzliche Vorausvermächtnis.
Hiervon umfasst sind die zum ehelichen Haushalt gehörenden beweglichen Sachen -soweit diese zur Fortführung des Haushaltes unter Beibehaltung der bisherigen Lebensverhältnisse erforderlich sind - sowie das Recht, die Ehewohnung, ungeachtet der Besitzverhältnisse im Grundbuch, weiter zu bewohnen.
Dieses, dem überlebenden Ehegatten eingeräumte Recht gilt nachrangig nach den sonstigen oben beschriebenen Mieterschutzbestimmungen, die einen Eintritt in die Mietrechte zulassen.
Dieses "Wohnrecht" wird auch durch eine Wiederverheiratung nicht notwendigerweise verwirkt und kann sogar dann bestehen, wenn der überlebende Ehegatte noch andere Wohnmöglichkeiten hätte.
Allerdings setzt auch dieses außerordentliche Wohnrecht voraus, dass im Zeitpunkt des Todes die bisherige Ehewohnung vom hinterbliebenen Ehepartner auch gemeinschaftlich mit dem Verstorbenen genutzt wurde. Hat dieser die Wohnung vor Ableben des Ehepartners verlassen, kann er dorthin auch nicht mehr zurückkehren.
Dieses erbrechtlich eingeräumte Wohnrecht ist unentgeltlich und ist daher die Auferlegung eines Nutzungsentgelts für den überlebenden Ehepartner unzulässig, es sei denn, der Verstorbene hat selbst bisher Miete bezahlt (in diesem Fall erfolgt ohnehin der Eintritt in die Mietrechte und ist das Vorausvermächtnis des Ehegatten nicht relevant).
Die mit der Ausübung des Wohnrecht im Zusammenhang stehenden Kosten (Betriebskosten, Energiekosten etc.) sind von dieser Unentgeltlichkeit jedoch nicht umfasst; diese muss der überlebende Ehepartner selbstverständlich übernehmen.
Von diesen Kosten nicht umfasst sind jedoch mit der Substanz verbundene Investitionen, laufende Tilgungskosten für aufgenommene Kredite bzw. Erhaltungskosten des Hauses.
Unter den "beweglichen Haushaltsgegenständen" versteht man all jenes, das im bisherigen Haushalt gemeinschaftlich zur Haushaltsführung genutzt wurde.
Das sind im Wesentlichen Möbel und Hausrat, davon umfasst sind auch Teppiche, Bilder, Rundfunk-und Fernsehgeräte, nicht jedoch Bargeld oder PKWs.