Auslese 3/2011

Familienzuwachs - Auswirkungen auf das Dienstverhältnis

Eine Schwangerschaft hat arbeitsrechtlich zahlreiche Konsequenzen, nicht nur für die schwangere Dienstnehmerin, sondern auch für den Arbeitgeber.

Kündigungschutz

… im unbefristeten Dienstverhältnis:

Der Kündigungsschutz besteht ab Eintritt der Schwangerschaft und dauert bis 4 Monate nach der Entbindung. Sobald man vom Umstand, dass man schwanger ist Kenntnis erlangt hat, ist dies dem Dienstgeber mitzuteilen.

Der Kündigungsschutz knüpft jedoch nicht an die Kenntnis der Schwangerschaft (weder von der werdenden Mutter noch vom Dienstgeber), sondern vielmehr an das faktische Bestehen einer solchen an.

Wird an die Mutterschutzfrist eine Karenz oder Teilzeitkarenz angeschlossen, verlängert sich der Kündigungsschutz bis 4 Wochen nach Karenzende.

… im befristeten Dienstverhältnis:

Ist man zum Zeitpunkt der Schwangerschaft lediglich befristet angestellt, wird der Ablauf des befristeten Arbeitsverhältnisses grundsätzlich von der Meldung der Schwangerschaft bis zum Ende der Schutzfrist gehemmt.
Bei befristeten Dienstverhältnissen ist der Kündigungsschutz jedoch aufgeweichter, da nicht jedes befristete Dienstverhältnis geschützt ist.
Ferialpraktika, Saisonarbeit oder auch Vertretungsdienstverhältnisse können, wenn eine sachliche Rechtfertigung gegeben ist, ungeachtet des Bestehens einer Schwangerschaft ablaufen.

… im Probedienstverhältnis:

Während der Probezeit besteht keinerlei Kündigungsschutz.
Die  Dienstnehmerin im Probedienstverhältnis ist jedoch nicht verpflichtet, dem Arbeitgeber von der Schwangerschaft zu berichten.

Kündigung trotz bzw. wegen Schwangerschaft …

Wird ein Dienstverhältnis, sei es unbefristet oder befristet nur deswegen aufgelöst bzw. nicht in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis umgewandelt, weil eine Schwangerschaft besteht, handelt es sich hierbei um eine unzulässige Diskriminierung aufgrund des Geschlechts und kann die ausgesprochene Kündigung bzw. die Nichtumwandlung des befristeten in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis gerichtlich bekämpft werden.

… im unbefristeten Dienstverhältnis:

Im Falle eines unbefristeten Dienstverhältnisses ist binnen einer Frist von 14 Tagen die Kündigung durch Anfechtung beim Arbeits- und Sozialgericht zu bekämpfen.

… im befristeten Dienstverhältnis:

Im Fall eines befristeten Dienstverhältnisses ist binnen 14 Tagen ab Mitteilung, das keine Umwandlung in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis stattfindet, die Klage auf Feststellung des unbefristeten Bestehens des Arbeitsverhältnisses beim Arbeits- und Sozialgericht anhängig zu machen.

… im Probedienstverhältnis:

Wurde das Probedienstverhältnis aufgrund des Bestehens einer Schwangerschaft aufgelöst ,stellt dies ebenfalls eine unzulässige Diskriminierung aufgrund des Geschlechts sowie einen Verstoß gegen das GleichBG dar und kann daher auch hier binnen einer Frist von vier Wochen nach Ausspruch der Auflösung des Probedienstverhältnisses diese Erklärung beim Arbeits- und Sozialgericht bekämpft werden.

Entlassungsschutz

Die Entlassung einer schwangeren Dienstnehmerin setzt die vorherige Zustimmung des Arbeits- und Sozialgerichts voraus. Für den Fall, dass der Schwangeren eine strafbare Handlung angelastet wird, kann die gerichtliche Zustimmung auch im Nachhinein eingeholt werden.

Eine solche Zustimmung wird gerichtseitig nur erteilt, wenn einer der gesetzlichen Entlassungsgründe erfüllt ist, wobei bei der Beurteilung der Schwere des vorwerfbaren Entlassungsgrundes auch der außerordentliche Gemütszustand der werdenden Mutter aufgrund der hormonellen Umstellung berücksichtigt wird.
Das Verschweigen einer Schwangerschaft ist jedenfalls kein tauglicher Entlassungsgrund, auch dann nicht, wenn der Dienstgeber ausdrücklich nach einer Schwangerschaft gefragt hat.

Die Entlassungsgründe im Einzelnen:

  • Beharrliche Pflichtenverweigerung
  • Dauernde Arbeitsunfähigkeit
  • Grobe Ehrenbeleidigung
  • Inhaftierung
  • Nebengeschäfte
  • Unbefugtes Verlassen des Arbeitsplatzes
  • Unfähigkeit zur Dienstverrichtung
  • Vertrauensunwürdigkeit
  • Unterlassung der Dienstleistung
  • Untreue

Einvernehmliche Auflösung des Dienstverhältnisses:

Wünschen beide Vertragsparteien eine Beendigung des Dienstverhältnisses, so ist dies im Falle einer Schwangerschaft nur schriftlich möglich. Wird die einvernehmliche Auflösung somit lediglich mit Handschlag besiegelt, ist diese nicht gültig und kann sich die schwangeren Dienstnehmerin auf das aufrechte Bestehen des Dienstverhältnisses berufen und dies auch gerichtlich durchsetzen.

Bei einer schwangeren Dienstnehmerin bis zum vollendeten 18. Lebensjahr muss neben der schriftlichen Auflösungsvereinbarung auch eine Bescheinigung vorlegen, dass die Dienstnehmerin vor Abschluss dieser Vereinbarung eine Rechtsberatung über den ihr zustehenden Kündigungsschutz nach dem Mutterschutzgesetz in Anspruch genommen hat.

Eine solche Beratung erteilt u.a. das Arbeits- und Sozialgerichts bzw. die zuständige Arbeiterkammer.

Schutzbestimmungen und  Beschäftigungsverbote:

Neben den durch die Schwangerschaft entstehenden gesetzlichen Bestimmungen im Zusammenhang mit dem Bestandschutz des Dienstverhältnisses, erwachsen dem Dienstgeber darüber hinaus weitreichende Schutzverpflichtungen.

Um in den Genuss dieser Schutzbestimmungen zu gelangen ist es unerlässlich, den Dienstgeber über die Tatsache zu informieren, dass eine Schwangerschaft vorliegt. Die Dienstnehmerin hat die Schwangerschaft unverzüglich dem Dienstgeber mitzuteilen. Aus der Tatsache, dass eine Schwangerschaft verschwiegen wurde, kann der Dienstgeber jedoch keine Ansprüche gegen die Dienstnehmerin ableiten und erwachsen dieser hieraus auch keinerlei Nachteile.

So gelten für werdende Mütter in vielen Bereichen Beschäftigungsverbote, die dazu geeignet wären, die Schwangere oder das ungeborene Kind zu gefährden.

Mit Eintritt der Schwangerschaft kann die Dienstnehmerin daher gewisse Arbeiten ablehnen, auch wenn diese bislang zu ihrem täglichen Arbeitspensum gehört haben. Im Zweifel entscheidet das Arbeitsinspektorat, welche Arbeiten gesundheitsgefährdend und daher verboten sind.

Generell gilt, dass werdende, aber auch stillende Mütter- mit Ausnahmen, je nach Berufsbranche (Verkehrswesen, Krankenpflege etc.) - nicht zur Nachtarbeit, das sind Arbeiten in der Zeit von 20:00 Uhr bis 6:00 Uhr früh, herangezogen werden dürfen. In den  ausgenommenen Branchen ist die Arbeit jedoch höchstens bis 22:00 Uhr zulässig und ist danach eine Ruhezeit von mindestens 11 h einzuhalten.

Auch die Arbeit an Sonn- und Feiertagen ist für werdende Mütter nur beschränkt zulässig und hat danach zumindest eine 36-stündige Ruhephase zu folgen.

Die tägliche Arbeitszeit darf nicht mehr als 9 h überschreiten, die wöchentliche Arbeitszeit ist mit maximal 40 h - dies ohne jegliche Ausnahmen und unabhängig der Berufsgruppe- beschränkt. Überstunden können werdenden Müttern nicht vorgeschrieben werden.

Spezielle arbeitsplatzbezogene Arbeitsverbote im Detail:

  • Heben und Tragen schwerer Lasten (insbesondere auch Patienten) oder übermäßiges Beugen und Strecken
  • überwiegend stehende Arbeiten
  • Arbeiten mit gesundheitsgefährdenden Stoffen, Strahlen, Staub oder Dämpfen (Raucherbereiche im Gastgewerbe)
  • Arbeiten bei übermäßiger Hitze, Kälte und Nässe
  • Arbeiten unter Zeit- oder Leistungsdruck
  • Arbeiten auf Beförderungsmitteln oder mit besonderer Unfallgefährdung

Der Dienstgeber muss der werdenden Mutter darüber hinaus ein geeignetes Bett oder eine Liege zur Verfügung stellen, so dass die Schwangere jederzeit die Möglichkeit hat, sich während der Arbeitszeit auszuruhen. Die Häufigkeit der Ruhephasen während der Arbeitszeit liegen im Ermessen der Schwangeren.

Diese Ruhephasen sind nicht von der regulären Arbeitszeit abzuziehen und sind auch voll zu honorieren.

Nach der Entbindung steht der Dienstnehmerin das Recht zu, ihr Neugeborenes weiterhin zu stillen. Zu diesem Zwecke legt das Gesetz fest, dass täglich 90 min. an bezahlter Freizeit zum Stillen des Kindes zur Verfügung zu stellen sind.