Auslese 4/2010
Scheiden tut weh
Das Ende einer Ehe kann rechtlich auf unterschiedliche Weisen herbeigeführt werden. Sind sich die Eheleute einig, dass der Fortbestand der gemeinsamen Ehe keinen Sinn mehr hat, kann mit einem Antrag auf einvernehmliche Ehescheidung verhältnismäßig unbürokratisch und unkompliziert, die Ehe beendet werden.
Liegt der Wunsch auf Beendigung der gemeinsamen Ehe jedoch nur bei einem Ehepartner, bleibt diesem nur die Möglichkeit einer Scheidungsklage. Je nachdem, wie lange die Ehe schon schlecht läuft, müssen unterschiedliche Beweise über die Unzumutbarkeit der Fortsetzung der gemeinsamen Ehe erbracht werden.
Im Anschluss an die Ehescheidung folgt das gerichtliche Aufteilungsverfahren.
Einvernehmliche Scheidung
Sind die Eheleute mindestens ein halbes Jahr getrennt, wobei es hier nicht auf die räumliche Trennung ankommt, und sind beide Eheleute der Ansicht, dass die gemeinsam Ehe nicht wiederhergestellt werden kann, somit unheilbar ist, kann vor dem zuständigen Wohnsitz-Bezirksgericht ein Antrag auf einvernehmliche Ehescheidung gestellt werden.
Dieser Antrag kann mündlich an den Amtstagen des jeweiligen Bezirksgerichts zu Protokoll gegeben, oder aber auch schriftlich eingereicht werden.
Voraussetzungen für die einvernehmliche Ehescheidung:
Die Eheleute müssen sich über die wesentlichen Scheidungsfolgen einig sein und hierüber eine Scheidungsvereinbarung treffen. Diese Vereinbarung kann im Vorfeld bereits angefertigt werden, oder wird mündlich bei Gericht zu Protokoll gegeben.
Dem Antrag auf einvernehmliche Ehescheidung sind folgende Urkunden beizulegen:
- Heiratsurkunde
- Staatsbürgerschaftsnachweis
- amtliche Lichtbildausweise
- aufrechte Meldebestätigung
- im Falle von gemeinsamen Kindern: Geburtsurkunde Kinder
- zur Vermögensaufteilung: Urkunden aus denen sich das gemeinsame Vermögen/Schulden ergibt (Grundbuchsauszug, Krediturkunden, Mietverträge etc.)
Die Scheidungsvereinbarung hat zu enthalten:
- Regelung der allfälligen gegenseitigen Unterhaltsansprüche
- Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens, der ehelichen Ersparnisse und Schulden
- gegebenenfalls die Obsorge für gemeinsame Kinder
- gegebenenfalls die Unterhaltspflichten gegenüber den gemeinsamen Kindern
Der Antrag auf einvernehmliche Ehescheidung sowie die allenfalls vorliegende Scheidungsvereinbarung werden vom zuständigen Bezirksgericht im Rahmen einer gesonderten Tagsatzung verhandelt. Sofern beim Antrag auf einvernehmliche Scheidung eine Scheidungsvereinbarung nicht vorgelegt wurde, wird diese gemeinsam mit dem zuständigen Richter im Rahmen dieser Tagsatzung verfasst.
Ein anwaltlicher Vertretungsbedarf für einen Antrag auf einvernehmliche Scheidung besteht grundsätzlich nicht. Aufgrund der letzten Gesetzesnovelle kann das Gericht jedoch verlangen, dass ein Nachweis über eine zuvor erfolgte Rechtsberatung vorgelegt wird, so dass das Gericht sicher sein kann, dass unvertretene Eheleute über die rechtlichen Konsequenzen entsprechend aufgeklärt wurde.
Das Gericht entscheidet über den Antrag auf einvernehmliche Ehescheidung durch Beschluss; dieser Beschluss kann binnen einer Frist von 14 Tagen ab Zustellung durch Rekurs bekämpft werden. Erst wenn diese Frist ohne Erhebung eines Rechtsmittels verstrichen ist, erwächst der Bescheid in Rechtskraft und die Ehe gilt als rechtskräftig geschieden. Sofern beide Eheleute im Rahmen der Scheidungstagsatzung einen Rechtsmittelverzicht abgegeben, kann dieser Scheidungsvergleich sofort rechtskräftig werden und die Ehe gilt als mit dem Tag der Tagsatzung als beendet.
Sind aus der Ehe gemeinsame Kinder hervorgegangen, bedarf eine im Scheidungsvergleich getroffene Regelung hinsichtlich der Obsorge oder der Unterhaltsverpflichtung gegenüber gemeinsamen Kindern der pflegschaftsbehördlichen Genehmigung; der Beschluss wird daher nach dem Scheidungstermin dem Pflegschaftsgericht zur Genehmigung vorgelegt.
Streitige Scheidung
Unter diesen Überbegriff fallen drei Scheidungsvarianten:
- streitige Scheidung aus Verschulden
- Scheidung wegen Auflösung der häuslichen Gemeinschaft
- streitige Scheidung aus anderen Gründen
Streitige Scheidung aus Verschulden
Der Ehepartner, gegen den sich die Scheidungsklage richtet, muss eine schwere Eheverfehlung begangen haben, die zu einer so tiefen Zerrüttung der Ehe geführt hat, dass eine Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft nicht erwartet werden kann.
Unter schweren Eheverfehlungen ist zu verstehen:
- Verletzung der Treuepflicht, Ehebruch
- Verletzung der anständigen Begegnung der Eheleute miteinander
- Wiederholte schwere, nicht milieubedingte Beschimpfungen
- wiederholte leichte Misshandlungen
- schwere Misshandlung (auch einmalig)
- unbegründete Eifersucht
- Verletzung der Beistandspflicht
- Nichtbeachtung und häufiges Alleinlassen des anderen Ehepartners
- mangelnde Rücksichtnahme
- tagelanges beharrliches Schweigen
- andauerndes liebloses und feindseliges Verhalten
- Verstöße gegen die Höflichkeit
- Freizeitgestaltung ohne dem anderen Ehepartner
- Geheimniskrämerei betreffend die eigene Privatsphäre
- anhaltende und böswillige Vernachlässigung des Haushaltes
- Verletzung der Unterhaltspflicht dem Ehepartner gegenüber und den ehelichen Kindern
- Verschweigen des eigenen Einkommens
- eigenmächtige Verbringung des Hausrates
- Veräußerung von Haushaltsteilen
- grundlose und beharrliche Verweigerung des Geschlechtsverkehrs
- eigenmächtige Aufhebung der Ehegemeinschaft (böswilliges Verlassen)
- ehrloses und unsittliches Verhalten
- Trunksucht
- übermäßige Spielleidenschaft
- hemmungsloses Eingehen von Schulden
- religiöser Fanatismus
In dem der Klage anschließenden Gerichtsverfahren wird geprüft, ob die behauptete Eheverfehlung auch tatsächlich vorliegt und zu einer unheilbaren Zerrüttung der Ehe geführt hat.
Ist der beklagte Ehepartner der Ansicht, dass ihn nicht alleine ein Verschulden am Scheitern der Ehe trifft, kann dieser einen so genannten Mitverschuldensantrag stellen. Ist er der Ansicht, dass vielmehr den anderen Ehepartner das alleinige Verschulden an Scheitern der Ehe trifft, hat dieser Widerklage einzubringen.
Das Gericht prüft die wechselseitigen Vorwürfe im Rahmen eines Gerichtsverfahrens. Kommt das Gericht zu der Ansicht, dass den beklagten Ehepartner kein Verschulden am Scheitern der Ehe trifft, hat das Gericht die Scheidungsklage abzuweisen und die Ehe besteht weiterhin fort.
Gegen dieses Urteil kann innerhalb von vier Wochen nach Zustellung eine Berufung erhoben werden; verstreicht diese Frist gilt die Ehe jeweils nach Ablauf der Rechtsmittelfrist als geschieden.
Selbstverständlich besteht auch im Rahmen eines streitigen Scheidungsverfahrens jederzeit die Möglichkeit, einen Vergleich über die Beendigung der Ehe zu schließen. Hierbei gelten dieselben Voraussetzungen, die für einen einvernehmlichen Scheidungsvergleich erforderlich sind.
Scheidung wegen Auflösung der häuslichen Gemeinschaft
Dieses Scheidungsverfahren ist dann zu wählen, wenn dem anderen Ehepartner kein schuldhaftes Verhalten unterstellt werden kann, die Ehe aber trotzdem nicht fortgesetzt werden will. Willigt der andere Ehepartner einen Antrag auf einvernehmliche Scheidung nicht ein, kann der scheidungswillige Ehepartner erst dann erfolgreich Scheidung beantragen, wenn die häusliche Gemeinschaft seit drei Jahren aufgelöst und die Ehe unheilbar zerrüttet ist.
In einem diesbezüglichen Gerichtsverfahren muss der klagende Ehepartner nachweisen, dass die Ehegemeinschaft, wie sie im Falle einer aufrechten Ehe üblicherweise zu bestehen hat, nicht mehr besteht und auch nicht wiederhergestellt werden kann.
Diese Scheidungsklage ist auch dann heranzuziehen, wenn eine schwere Eheverfehlung, die an sich eine Scheidung aus Verschulden gerechtfertigt hätte zwischenzeitig verziehen wurde oder lange Zeit zurückliegt, sofern diese zur Zerrüttung der Ehe beigetragen hat.
Ist die eheliche Gemeinschaft nachweislich bereits seit sechs Jahren aufgehoben, ist dem Scheidungsbegehren jedenfalls stattzugeben. Ungeachtet dessen kann in einem solchen Fall einer der Ehepartner beantragen, dass ein Schuldspruch dahingehend ergeht, dass einer der Ehepartner das überwiegende Verschulden am Scheitern der Ehe trifft.
Streitige Scheidung aus anderen Gründen
Die Fortführung einer Ehe kann aufgrund Geisteskrankheit, ansteckender oder Ekel erregender Krankheit des anderen Ehepartners unzumutbar sein. Hierfür ist es ohne jegliche Bedeutung, ob dem Ehepartner hieran ein Verschulden trifft.
In einem solchen Verfahren wird lediglich geprüft, ob die Ehe unheilbar zerrüttet ist, und eine Wiederherstellung einer eheentsprechenden Lebensgemeinschaft nicht mehr erwartet werden kann.
Im Falle behaupteter Geisteskrankheit wird im Gerichtsverfahren durch Bestellung eines Sachverständigen der behauptete Geisteszustand des Ehepartners überprüft und speziell auf die Frage abgestellt, ob die Geisteskrankheit in einem derartigen Masse fortgeschritten ist, dass eine Lebensgemeinschaft, wie diese für Eheleute üblich ist, nicht mehr besteht bzw nicht mehr wiederhergestellt werden kann.
Aufteilungsverfahren
Nicht übersehen werden darf, dass der Ausspruch über die Aufhebung einer Ehe (im Falle einer Scheidungsklage) keine Regelungen über die Vermögensaufteilung enthält. Sofern keine einvernehmliche Lösung zwischen den Ehepartnern erzielt werden kann, muss innerhalb eines Jahres nach Rechtskraft des Scheidungsurteils ein Antrag auf Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens, der gemeinsam erwirtschafteten Vermögenswerte, aber auch Schulden, beim zuständigen Bezirksgericht gestellt werden.
Die gerichtliche Aufteilung erfolgt nach den Grundsätzen der Billigkeit, dies unter Berücksichtigung der jeweiligen Erwerbsbeiträge und des Kindeswohls im Falle gemeinsamer Kinder.
In einem solchen Verfahren werden folgende Fragen geklärt:
- Schicksal der Ehewohnung und des ehelichen Hausrates
- Aufteilung der ehelichen Ersparnisse (Bargeld, Spareinlagen, Wertpapiere, Kunstgegenstände, Liegenschaften etc.)
- Übernahme von gemeinsamen Schulden
Nicht der Aufteilung unterworfen sind:
- in die Ehe eingebrachte, von Todes wegen oder durchDrittschenkung erworbene Gegenstände (es sei denn, es handelt sich um die Ehewohnung)
- persönliches Gebrauchsvermögen der Ehegatten
- Gebrauchsvermögen, das zur Berufsausübung dient
- Unternehmen und Unternehmensanteile, sofern diese nicht der bloßen Wertanlage dienen; lediglich der Unternehmenswert ist im Falle der Aufteilung von Ersparnissen mit zu berücksichtigen.