Auslese 3/2012

Zahnspange, Schikurs, Sprachreise etc. - Gibt´s hiefür Extra-Unterhalt?

Aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen müssen beide Elternteile zur Deckung der angemessenen Bedürfnisse des Kindes anteilig zum Unterhalt beitragen, wobei jener Elternteil, in dessen Haushalt das Kind lebt und betreut wird, seinen Unterhaltsbeitrag durch die Betreuung leistet.

Nach einer Scheidung oder Trennung der Elternteile müssen daher die sonstigen angemessenen Lebensbedürfnisse mit der Unterhaltszahlung des unterhaltspflichtigen Elternteils abgedeckt werden.

Neben dem gewöhnlichen Lebensbedarf gibt es aber auch außergewöhnliche Aufwendungen. Der Gesetzgeber bezeichnet diese Aufwendungen als Sonderbedarf, der neben dem regulären Unterhaltsanspruch in Ausnahmefällen anfällt und zusteht.

 

Was versteht man unter Sonderbedarf?

Es handelt sich hierbei um außergewöhnliche, dringliche Auslagen, die in unregelmäßiger Höhe entstehen. Aber nicht jede außergewöhnliche, dringliche Auslage ist vom unterhaltspflichtigen Elternteils aus dem Titel des Sonderbedarfs zu ersetzen.

Diese Auslagen können

  • existenznotwendig

  • durchschnittlich oder

  • luxuriös

sein.

Der unterhaltspflichtige Elternteil ist in der Regel nur verpflichtet, gegen entsprechenden Nachweis, den existenznotwendigen Sonderbedarf zu leisten.

Der Gesetzgeber sieht als Sonderbedarf vor allem Kosten für Heilung, Erhaltung der Gesundheit und Persönlichkeitsentwicklung des Kindes.

Die Entscheidung, was im konkreten Fall unter Sonderbedarf fällt, trifft, sollten sich die Eltern untereinander nicht einigen können bzw. der unterhaltspflichtige Elternteil die Kostenübernahme verweigern, das Gericht.

Sonderbedarf ist zu gewähren, wenn er für die Entwicklung des Kindes gerechtfertigt ist und aus den regelmäßigen Unterhaltsbeiträgen nicht abgedeckt werden kann.

 

Beispiele für gerechtfertigten Sonderbedarf:

- Kosten für notwendige Heilbehandlungen und Heilbehelfe abzüglich der von den jeweiligen Gebietskrankenkassen allenfalls gedeckten Anteilen

  • Psychotherapiekosten

  • Zahnregulierungen

  • notwendige Kontaktlinsen

  • Brillengläser

  • Hörgeräte etc.

- der Persönlichkeitsentwicklung dienende Ausbildungskosten

  • Internatskosten (Einzelfall, wenn sie der Berufsausbildung dienen)

  • Klassenfahrten, die über die Kosten des gewöhnlichen Schulaufwands hinausgehen

  • Maturavorbereitungskurs

  • Anschaffung eines Computers zur Teilnahme an einem Schulversuch

  • Förderung spezieller sportlicher Interessen

  • Sprachreisen, sofern die Vertiefung der Sprachkenntnisse für die Ausbildung notwendig ist

 

Kein Sonderbedarf liegt vor:

  • Mehrkosten für Brillenfassungen

  • Spitalaufenthaltskosten

  • durch Pflegegeld abgegoltene Mehraufwendungen

  • Sprachwoche Ausland, wenn die Vertiefung der Sprachkenntnisse nicht unbedingt erforderlich ist

  • Privatschulen im Ausland

  • Kosten eines auswärtigen Studiums, wenn der Studienzweig auch am Wohnort gleichwertig in Anspruch genommen werden kann

  • Kosten für Schulschikurse, Schulland- und Sportwochen

  • Kosten einer Tagesmutter

  • Kosten des Kinderfahrrades, neuer Tennis- und Skiausrüstung

  • die Zahlung allfälliger Schulden oder Schadenersatz des unterhaltsberechtigten Kindes

 

Bei einigen außergewöhnlichen Aufwendungen fällt die Einordnung schwer und ist ganz auf die Umstände des Einzelfalls abzustellen, so etwa

  • Nachhilfekosten

  • Kosten für eine Internetanbindung

  • Privatschulen

 

Wie mache ich den Sonderbedarfsanspruch gelten?

Der Anspruch auf Sonderbedarf ist nicht mit den gesetzlichen Unterhalt gleichzusetzen, ist daher nicht automatisch zur Zahlung fällig, sondern muss gesondert geltend gemacht werden.

Grundsätzlich empfiehlt es sich, mit dem unterhaltspflichtigen Elternteil die geplanten außerordentlichen Aufwendungen vorab zu besprechen und abzuklären, ob die Bereitschaft zum Kostenbeitrag bzw. zur Kostenübernahme besteht.

Findet sich außergerichtlich keine Einigung, muss der Sonderbedarf beim Bezirksgericht des Wohnsitzes beantragt werden.

Bei der Frage, ob der unterhaltspflichtige Elternteil einen Sonderbedarf abzudecken hat, ist auch zu berücksichtigen, in welcher Höhe bisher bereits Unterhaltsleistungen erbracht werden. Übersteigen die Unterhaltsleistungen bereits den Regelbedarf (dem Durchschnittsbedarf eines Kindes einer bestimmten Altersgruppe) beträchtlich, kann das Gericht auch zu dem Ergebnis kommen, dass hier kein Sonderbedarfsanspruch besteht.

Das Kind muss daher in einem Verfahren neben der Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit der als Sonderbedarf behaupteten Aufwendungen, nachweisen, dass der Sonderbedarf trotz maximaler Unterhaltshöhe nicht beglichen werden kann.

Werden Leistungen aufgrund eines gerichtlich geprüften Sonderbedarfsanspruchs gewährt, müssen diese auch hierfür aufgewendet werden; die Gelder werden daher zweckgewidmet zugesprochen.

Die Geltendmachung von Ansprüchen aus dem Titel des Sonderbedarfs verjähren innerhalb einer Frist von 3 Jahren ab deren Entstehen. Danach kann der unterhaltspflichtige Elternteil hierauf nicht mehr in Anspruch genommen werden.

 

Wie gehe ich vor, wenn ich nicht genau weiß, ob eine Aufwendung unter Sonderbedarf fällt?

Nachdem die Frage, was unter Sonderbedarf fällt, immer von einer Gesamtbetrachtung der Umstände des Einzelfalls abhängt empfiehlt es sich in solchen Fällen eine rechtliche Beratung entweder im Rahmen der Amtstage beim Bezirksgericht oder aber bei Familienberatungsstellen oder Rechtsanwälten in Anspruch zu nehmen.